Bisher bin ich von einem Zeitsystem ins andere gereist, habe gestaunt, mich angeglichen, bin zeitweilig gescheitert und konnte es doch genießen: die ernorme Elastizität von Zeit in Afrika.
Der speziellen Zeit in Afrika haben Wissenschafter einen Namen gegeben: "Ereigniszeit". So heißt es, wenn Beginn und Ende einer Handlung nicht von der Uhr, sondern von der Tätigkeit bestimmt werden. Ein Gespräch dauert so lange, wie die Gesprächspartner benötigen, um das Thema abzuhandeln; eine Geschäftsabwicklung dauert so lange, bis alle Geschäftspartner zufrieden sind. Bei allen Handlungen stehen die Menschen und ihre Bedürfnisse im Vordergrund und nicht der Takt der Uhr. Busse fahren dann ab, wenn sie voll sind. Und wenn es regnet, fallen ohnedies alle Zeitpläne ins Wasser.
Bisher bin ich gependelt und habe dadurch gewählt, in welchem Zeitsystem ich mich bewege. Jetzt ist Enoch da und zeigt mir mit seinen kritischen Fragen die Grenzen unserer durchgetakteten Suche nach Glück auf. Schon nach wenigen Tagen hat er erstaunt ausgerufen: "Ihr habt ja nie Zeit!" So sehr seine Kritik auch schmerzt, wenn er an "unserer Wahrheit" rüttelt, so sehr bin ich froh, dass er seine Zeit-Elastizität mitgebracht hat. Was für ein bereicherndes Regulativ in unserer hektischen und umtriebigen Zeit – gerade im Advent!