Kampala

Ich befinde mich praktisch schon im Zusammenpacken und Abschiednehmen und Noch-letzte-Dinge-vor-der-Abreise-Erledigen, bevor ich naechste Woche am Donnerstag heimfliege. Dann werden es acht Wochen gewesen sein, die ich hier war.

Einige Dinge habe ich in Kampala zu erledigen. Und da ich mich in der Stadt schon recht gut auskenne, bin ich jetzt viel allein dort unterwegs und geniesse es, neue Ecken und Zusammenhaenge fuer mich zu entdecken. Der Stadtplan, den ich heute kaufen konnte, unterstuetzt mich dabei.

Vor ein paar Tagen habe ich in einer Zeitschrift gelesen, dass die Bahnstrecke Kampala – Mombasa mit Ende Juni wiedereroeffnet wurde. Ah, eine Bahnfahrt in Uganda wuerde mir gefallen! Also bin ich heute auch zum Bahnhof marschiert, um mich nach der Strecke und Abfahrtszeiten zu erkundigen. Doch leider, leider … 

Als ich – noch nichts ahnend – Fotos machen wollte, hat mich das Security-Personal zurueckgepfiffen. Die Bahnanlage samt Station gehoere den "Rift Valley Railways", einer privaten Firma, und diese gestatte keine Fotos. Nein, und Personen transportiere diese Bahn nicht, nur Gueter. Ach, wie schade! Keine Bahnfahrt, keine Fotos. Dabei versprueht der Bahnhof einen echten Fuenfziger-Jahre-Charme, den ich Euch gerne gezeigt haette.

Mit einem Soda als Bestechungsgeld konnte ich die strenge Dame dann doch noch erweichen und ihr ein paar Fotos abringen.

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Somit hat Uganda also weiterhin keinen Personenverkehr auf Schiene, seitdem dieser in den Siebziger Jahren, zur Zeit des Buergerkriegs, eingestellt wurde. Wer uebrigens mehr ueber die Uganda-Bahn wissen will – vor allem die Baugeschichte ist interessant! -, der sei auf den Artikel in Wikipedia verwiesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Uganda-Bahn

Das am weitesten verbreitete Transportmittel fuer Ueberlandstrecken ist das Taxi. In der Innenstadt von Kampala gibt es zahlreiche Taxiparks als Abfahrtsstellen. Den groessten und bekanntesten – den "Old Taxipark" – zeige ich Euch hier:

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Ich liebe das Getuemmel in der Stadt, doch es ist auch anstrengend, und dann bin ich immer froh, wenn ich daheim ankomme und den Staub und den Laerm hinter mir lassen kann.

Bis bald!
Herzlichst Petra

Bananenblaetterbaelle

Bananenblaetterbaelle

DSCN6257„Sister Petra, did you come with balls?“ Teacher Enock trainiert seine Schueler fuer die kommenden Fußball-Schulmeisterschaften im Bezirk. Doch sehr motiviert sind seine Spieler nicht, denn sie trainieren mit Bananenblaetterbaellen. Für richtige Fußbälle hat die Schule kein Geld. Geschweige denn für Sportschuhe oder -leibchen.

DSCN6248Es war Samstag Nachmittag, als wir die Kihonge Primary School in Nalweye erreichten. Der Direktor David Tumusiime hatte es sich nicht nehmen lassen, uns Besuchern das Mittagessen zu spendieren. Es war ein köstliches und abwechslungsreiches Mahl mit Reis, Matooke (Kochbananenbrei), Huhn, Bohnen, Kürbis und Nakati (einer Art Spinat) – alles aus der Farm des Direktors.

DSCN6253Danach stellte er seine Schule vor und ging auf die schwierige finanzielle Situation ein. Es war offensichtlich, dass die Schule einen dringenden Nachholbedarf hat. Als wichtigste Punkte nannte er die Wasserversorgung, die Schlafräume der Internatsschüler und die Bereitstellung von Büchern und Schreibutensilien. Auch hat die Farm, die die Schüler versorgt, Bedarf an Gartengeräten und an einem Bewässerungssystem. Die Erwartung an Besucher wie mich ist groß.

DSCN6262Dann gingen wir durch die Schule. Die Schüler von Teacher Enocks siebter Klasse waren in ihrem Klassenraum, um zu lernen. Teacher Enock stellte uns vor. Er bemühte sich sehr, das Eis zu brechen, denn die Kinder in dieser Gegend sind Fremde nicht gewöhnt. Da hatte Teacher Enock eine gute Idee: Er schlug ihnen vor, dass sie mir ihr Zuhause zeigen und mich ihren Eltern vorstellen. Wer das wolle, fragte er in die Runde. Zuerst hoben nur ein paar zögernd die Hand, doch dann wurden es mehr, und als wir dann losmarschierten, waren wir doch der ganze Klassentross.

DSCN6332Es war lustig! Bald waren wir ein Vier-Mäderl-Bund, die wir Hand in Hand an der Spitze voranschritten, gefolgt von gut zwanzig Kindern. Jedes Mal, wenn wir um ein Hauseck bogen und uns die Bewohner sahen, staunten sie nicht schlecht, was für ein Schauspiel ihnen da geboten wurde. Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung zogen wir weiter. So marschierten wir die staubige Landstraße entlang und die Kinder wollten mir immer mehr zeigen: Den nächsten Ort, die Wasserstelle, wo sie für ihr Zuhause das Wasser holen, den Sumpf … bis wir erschöpft abwinkten. Wir mussten ja den ganzen Weg wieder zurück!

DSCN6291So lernte ich doch einige bei ihrem Namen kennen, ihre Zukunftsträume, ihre kleinen und großen Wünsche. Ob ich ihre Fahrt zu den Murchison Falls finanzieren könnte? Ob ich ihnen ein wenig Geld für Kerosin geben könnte, damit sie fernsehen können? – Ich verstand nicht recht, bis mich ein Erwachsener aufklärte: Mit Kerosin können sie das Dieselaggregat betreiben, das wiederum den Fernseher speist, wenigstens für einen Abend lang …

„Sister Petra, did you come with balls?“ „No, sorry, I have none – but next time I will come with balls!“ Ich habe es ihnen versprochen! Wer ist dabei?

In the villages

„To live in the villages“ ist fuer die Ugander so schlimm wie die Verbannung. Am Wochenende haben wir es life erlebt. Wir waren in Nalweye, einem Dorf im Bezirk Kibale, rund 250 km von Kampala entfernt, in der Naehe vom Lake Albert und somit der Grenze zum Kongo.

Die Anreise war, wie jede Reise in Uganda, voller Hindernisse und Ueberraschungen. Man ist froh, wenn man ankommt, und verschwendet keine Zeit und keine Musse, links und rechts zu schauen. Wir waren zu viert unterwegs: Teacher Rogers, David, Henry und ich. Unsere Mission war der Besuch von Teacher Enock in seiner neuen Schule. Trotzdem wir uns schon um sieben Uhr frueh mit Teacher Rogers in Kampala zur Abreise trafen, kamen wir erst um acht Uhr dreissig von dort weg, denn zunaechst hiess es, den richtigen „Taxipark“ fuer die Abfahrt zu finden. Dann mussten wir natuerlich wieder warten, bis das Taxi voll war. Doch dieses Mal war es nicht so schlimm – die Wartezeit ueberbrueckten wir mit sehr leckerem wuerzigen Tee und Chapati (einer Art Palatschinken), die zum Taxi serviert wurden.

DSCN6237Nach gut dreieinhalb Stunden erreichten wir Hoima, den Hauptort des gleichnamigen Bezirkes, rund 210 km von Kampala entfernt. Die Strasse dorthin ist sehr gut ausgebaut und das offenbar erst seit kurzem, denn auf meiner Uganda-Karte ist sie noch als unasphaltierte Landstrasse eingezeichnet. In Hoima mussten wir umsteigen auf ein „Special Hire“-Taxi, das uns zu unserem Zielort brachte. Im Vergleich zum Sammeltaxi ist so ein Special Hire sehr teuer, obwohl natuerlich mit drei Euro pro Person immer noch eine Lapalie. Diese Special Hire Taxis heissen so, weil man sie fuer sich exklusiv anheuern kann, was aber nur in der Theorie so ist, denn in der Praxis wird dieses Taxi auch mit Passagieren und Gepaeck vollgestopft. Es ist eben alles eine Preisfrage. Unser Special Hire war ein ausgeleierter Toyota Corolla, den der Fahrer unerschuettert ueber die ihm offenbar wohlvertraute Sandpiste jagte. Das war eigentlich recht lustig und spannender als jede Fahrt mit einer Hochschaubahn. Der Fahrer schien zu wissen, was er tat. Fuer die 35 km nach Nalweye benoetigten wir rund eine Stunde. Staubig, verschwitzt, aber gut gelaunt kletterten wir am fruehen Nachmittag aus dem engen Auto.

DSCN6341Teacher Enock erwartete uns schon am Strassenrand. Die Freude war gross, ihn wiederzusehen! Ich habe ihn kennengelernt, als er noch im Waisenheim arbeitete, das wir und viele von Euch unterstuetzt haben. Wir haben unzaehlige Mittagspausen miteinander verbracht und dabei viel ueber die Unterschiede zwischen Oesterreich und Uganda philosophiert. Teacher Rogers war sein Arbeitskollege im Heim und David und Henry seine Schueler. Wir alle freuten uns auf das Wochenende mit Teacher Enock!

Nach der Schliessung des Heims musste sich Teacher Enock nach einer neuen Arbeit umsehen. Der Ruf ereilte ihn, er solle in einer Schule in der Naehe von Hoima aushelfen, bis er in einer anderen Schule, die gerade von einer US-amerikanischen Organisation aufgebaut wird, arbeiten kann.

Also hatte er voller Hoffnung seine Familie und sein Hab und Gut gepackt und sich auf den Weg nach Hoima gemacht. Die Ueberraschung – oder muss man sagen, die Enttaeuschung? – war gross! Der Ort war nicht, wie ihm am Telefon angekuendigt, sieben Kilometer von Hoima entfernt, sondern mehr als dreissig! Das klingt jetzt nicht nach einem grossen Unterschied, doch in Uganda ist es das schon. Das bedeutet „to live in the villages“ – das bedeutet ein sehr bescheidenes Leben!

DSCN6251So weit von einem Hauptort entfernt heisst zunaechst kein Strom. Kein Strom bedeutet: ab sieben Uhr, wenn in Uganda die Nacht hereinbricht, nur Licht mit Paraffinlampen, spaerliche Information, denn kein TV, Radio nur mit Batteriebetrieb, eingeschraenkte Kommunikation, denn Aufladen des Mobiltelefons nur im einzigen Shop, das ueber eine Solaranlage verfuegt, und das limitiert, da alle dort ihr Telefon aufladen und die Kapazitaet der Solaranlage dafuer manchmal nicht reicht.

Kein Strom bedeutet weiters kein uneingeschraenkter Zugang zu Geld. Die naechste Bank mit Geldabhebeautomat ist in Hoima. Die Fahrt von und nach Hoima ist nur mit dem Special Hire Taxi moeglich und kostet UGX 20.000! Das ist fuer viele Ugander auf dem Land ein Viertel ihres Monatseinkommens, sofern sie ein Einkommen haben! Denn auf dem Land gibt es ja eigentlich keine Arbeitgeber. Man muss sich mit einem eigenen Business ueber Wasser halten oder man ist zum Beispiel Lehrer wie Teacher Enock.

Der Zugang zu Geld ist unglaublich schwierig und von vielen Faktoren abhaengig: Kommt – wie im Fall von Teacher Enock – das Geld von einem auslaendischen Geldgeber, so wartet er zunaechst auf ein SMS, das ihm die Ueberweisung ankuendigt. Das SMS kann er nur dann erhalten, wenn sein Mobiltelefon Strom hat. Manchmal kann es passieren, dass er drei bis vier Tage auf das Laden seines Telefons warten muss. Bekommt er also die ersehnte Nachricht, so hat er entweder das Glueck, noch ueber UGX 20.000 zu verfuegen, um mit einem Special Hire nach Hoima zu gelangen, oder er muss das Geld fuer die Fahrt von jemandem leihen. Abhaengig von der Hoehe der Ueberweisung ist das Beheben des Geldes ein grosser oder ein geringer Gewinn, der die Kosten fuer die Fahrt kaum wettmacht.

„In the villages“ bedeutet weiters Wasser schleppen. Fuer Teacher Enock und seine Nachbarn liegt die naechste Wasserstelle gut einen Kilometer entfernt! Wasserholen ist Kinder- und Frauensache. Teacher Enocks Kinder sind noch jung: Elijah ist sieben, Elisha ist drei. Daher geht seine Frau ums Wasser.

Man sollte es nicht glauben, nicht wahr? Uganda ist so reich an Regen und trotzdem ist der Zugang zu Wasser so unglaublich schwierig. Nalweye ist umgeben von einem Sumpf, Wasser gibt es also zur Genuege, doch wie anders als durch Holen kommt das Wasser zu den Menschen? Fuer Wasserleitungen, die das Wasser vom Sumpf den Hang, wo die Haeuser stehen, hinaufpumpen, fehlt der Strom. Eine Moeglichkeit waere, Brunnen zu bauen, doch dafuer fehlt es der Bevoelkerung an Geld.

DSCN6335„In the villages“ bedeutet auf jeden Fall nicht zu hungern, denn die Erde ist fruchtbar und die Erntesaisonen sind reichlich. Man muss kein grosser Bauer sein, um fuer seinen taeglichen Bedarf anzubauen und zu ernten. Daher gehen viele Menschen aufs Land, wenn sie in der Stadt keine Chance auf Arbeit mehr haben, denn am Land hat man wenigstens Essen.

„In the villages“ bedeutet Bildungsmangel. Die Lehrer sind schlecht bezahlt, daher sind sie schlecht, unerfahren, unmotiviert – gute Lehrer zieht es in die Stadt. Die Schulen haben kein Geld fuer Schulmaterial wie Buecher oder Schreibutensilien, ganz abgesehen von Anschauungsmaterial. Alles wird auf Poster gezeichnet, die an die Waende gehaengt werden. Die Kinder sind daher schlecht ausgebildet, schaffen kaum gute Abschluesse. Aber nur ein guter Abschluss ermoeglicht den Besuch einer guten weiterfuehrenden Schule.

Die Abschlusstests, die sogenannten „Primary Leaving Examinations“ sind schriftliche, standardisierte Tests. Man muss schon einigermassen gut Englisch koennen, um die Fragen in den Faechern Mathematik, Science und Social Studies zu verstehen. Die Kinder werden in den Schulen am Land von den unmotivierten Lehrern nur wenig dazu angehalten, Englisch zu reden, daher haben sie allein damit Probleme, dem englischsprachigen Unterricht zu folgen, geschweige denn, die PLE-Fragen zu verstehen und richtig zu beantworten.

Teacher Enock hat alle Haende voll zu tun, um die Primary-Seven-Klasse, die er unterrichtet, zu erfolgreichen PLEs zu fuehren. Teilweise muss er den Stoff der fuenften und sechsten Klasse wiederholen, weil seine Schueler schon da grosse Luecken zeigen.

Die Rueckstaendigkeit zeigt sich auch im Aberglauben. Die Bezirke Hoima und Kibale liegen am Lake Albert und dieser ist Teil des Great Rift Valleys, des Grossen Afrikanischen Grabenbruchs. Durch den Grabenbruch erlebt dieses Gebiet viele Erdbeben – eines davon haben wir vergangene Woche sogar in Kampala gespuert! Es war unheimlich, als ploetzlich in der Nacht der Boden schwankte, alle Tueren schepperten und die Voegel vor Schreck aufschrieen und aufflatterten.

Am naechsten Tag entnahm ich den Nachrichten, dass sich das Zentrum des Erdbebens mit einer Staerke von 5,6 nach Richterskala in Hoima befand. Teacher Enock hat dieses Erdbeben hautnah und erschreckend heftig erlebt. Gott sei Dank ist den Haeusern und damit den Menschen nichts passiert.

Die Menschen sind diese Erschuetterungen gewoehnt. Aber sie glauben an lokale Goetter und sind davon ueberzeugt, dass ein Erdbeben das Zeichen von Aerger dieser Goetter ist. Also laufen sie aus ihren Haeusern und rufen um Vergebung. Teacher Enock hat versucht, seinen Schuelern das Phaenomen zu erklaeren, aber sie konnten sich nicht vom Gegenteil ueberzeugen lassen.

DSCN6296So ist also die Situation am Land: Man hat Essen, aber kein Geld und keine Bildung. Das wenige Geld, das man einnimmt, benoetigt man fuer das taegliche Leben: fuer Zucker, Salz, das Laden des Mobiltelefons, „Airtime“ zum Telefonieren, Seife zum Waeschewaschen, Sandalen, als Lehrer fuer Kugelschreiber zum Korrigieren der Arbeiten. Grosse Anschaffungen wie feste Schuhe, Gewand, eine Fahrt zu Verwandten oder gar eine eigene Solaranlage sind da absolut nicht drin!

Wir haben viel gesehen an diesem Wochenende. Der Hoehepunkt war der Besuch der Schule, wo Teacher Enock unterrichtet. Und davon erzaehle ich Euch im naechsten Eintrag.

3.000 UGX a day

Ein Euro entspricht in etwa 3.000 Uganda Shillings. Fuer 3.000 UGX bekommt man im Supermarkt zwei Flaschen Wasser oder eine grosse Packung weisses Toastbrot oder eine Flasche Bier, am Markt zwei Kilo Kartoffel oder ein Kilo Reis. Mit dem Boda-Boda wird man um dieses Geld von Mengo in die Stadt gefahren.

Ein einfacher Arbeiter bzw. eine einfache Arbeiterin verdient zwischen 1.000 und 3.000 UGX pro Tag! Und schaetzt sich damit gluecklich! Denn bei einem bescheidenen Leben lassen sich dabei sogar noch 500 bis 1.000 UGX pro Tag sparen!

Wie geht das? Hat man einen Dienstgeber, so bekommt man von diesem eine warme Mahlzeit pro Tag. Wasser zum Trinken, Kochen und Waschen holt man vom Brunnen, Strom zahlt man nicht, denn man hat einfach keinen. Von und in die Arbeit geht man zu Fuss – das erklaert, warum am Abend immer Massen von Menschen zu Fuss unterwegs sind. Daheim gibt es als Standardessen gekochtes Maismehl mit Bohnen oder gestampfte Kochbananen. Reis, Kartoffeln, Fisch oder Fleisch sind Luxus! Manche Menschen haben nicht in fuenf Jahren die Moeglichkeit, einen Fisch zu essen!

Eine guenstige Grundschule kostet pro Trimester 50.000 UGX. Schwarze Schuhe, die zur Schuluniform vorgeschrieben sind, rund 20.000 – Second Hand oder billigster China-Import. Dazu kommen die Buecher, Hefte, Schreibutensilien. Kein Wunder, dass viele Familien ihre Kinder nicht zur Schule schicken. Denn auch die staatlichen Schulen kosten Geld.

Ich habe viele solche Familien kennengelernt.

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Manchmal …

Seit gut zwei Stunden sitze ich herum, aufbruchfertig und abholbereit. Um zehn Uhr, hat es geheissen, werde ich abgeholt. Doch niemand kommt. In meinem schoenen Kleid, das ich fuer diesen Anlass gewaehlt habe (hier legt man viel Wert auf gute Kleidung) , kann ich nicht locker herumlungern, also muss ich Haltung bewahren.

Manchmal koennte ich deswegen schier auszucken, denn daran kann ich mich einfach nicht gewoehnen: an das Warten! Ja, ich kenne das Sprichwort: „Die Europaeer haben die Uhr, die Afrikaner die Zeit.“ Sie haben soviel davon, dass sie einfach nicht das Gefuehl haben, sie koennten sie verschwenden. Zeit ist einfach da.

Busse und Ueberlandtaxis haben keine fixen Abfahrtszeiten. Sie fahren dann los, wenn sie voll sind. Am Samstag, am Weg zu einer Freundin im 80 km entfernten Ndejje, haben wir eineinhalb Stunden im Taxi gewartet, bis es endlich losgefahren ist.

Am Sonntag, im Internat der Mirembe Infant School, die David’s Bruder Enock besucht, war „Visiting Day“. Da kommen die Muetter mit Essen und Proviant fuer ihre Kinder, schauen sich deren Leistungen anhand der Zwischenzeugnisse und Schulhefte an und reden mit den Lehrern. Ich war auch dort, weil ich Enocks Mutter, die am Land wohnt, treffen wollte. Ja, sie komme um 12.30, sagte sie in der Frueh zu David. Wir waren zu angegebener Zeit dort, aber von Davids Mutter weit und breit keine Spur. Um 5 Uhr am Abend ist sie endlich gekommen! Ich war zwischenzeitlich schon sauer, aber die Kinder haben mich vertroestet: „She is coming!“ Nein, man sagt nicht, wo man gerade ist oder was man noch alles vorhat, bevor man kommt. Man sagt einfach: „I am coming!“ Die Kinder sind daran gewoehnt.

In Supermaerkten, in den Shops … ueberall haengen oder stehen zig Angestellte herum, haben nichts zu tun ausser zu warten … bis ein Kunde kommt, bis die Zeit vergeht, bis es Abend wird. Boda-Boda-Fahrer stehen oft den ganzen Tag an ihrem Stand und warten auf Kunden. An manchen Tagen warten sie umsonst …

Das erinnert mich daran, dass ich Euch erzaehlen wollte, wovon manche Menschen hier in der Stadt leben. Das folgt demnaechst.

Herzlichst Eure Petra

Update

Update

Vielleicht habt Ihr Euch gewundert, warum ich in meinem letzten Artikel nach dem Lied gefragt habe und nicht berichtet habe, was es hier Neues gibt. Nun ja, das liegt daran, dass hier langsam ein gewisser Alltag einkehrt und wir Zeit haben, uns mit solch banalen Dingen wie Liedtextsuchen zu beschaeftigen.

Wir, das sind mittlerweile David, Henry und ich. Weiters Grace, unser „housegirl“, und ihre zweijaehrige Tochter Patricia.

Tomy ist letzte Woche heimgeflogen. Das ueberrascht Euch wahrscheinlich sehr! Er hat sich Uganda in dem Mass angesehen, den sein Bewegungsradius zugelassen hat, und ist zu der Erkenntnis gelangt, dass es ihm sehr gut gefaellt, aber dass er noch einige Dinge benoetigt, um sich hier richtig wohl zu fuehlen. Also hat er beschlossen, seinen Aufenthalt zu unterbrechen und daheim in Wien einige Dinge zu erledigen, um dann wiederzukommen.

Kampala liegt auf vielen Huegeln – die Strassen sind teilweise sehr steil. Auch das Haus, das wir jetzt bewohnen, liegt an einer Strasse, die Tomy bergauf allein nicht bewaeltigen kann. Ein unterstuetzender Motor fuer sein Handbike waere hier die Loesung. (Damit koennte er sogar locker die Boda-Boda-Fahrer ueberholen!) Und so hat Tomy noch viele Ideen und Gedanken, mit denen er das naechste Mal wiederkommt.

Nun wohne ich also hier in diesem fuerstlichen Haus mit den beiden Burschen. Henry hat in der Schule einiges aufzuholen: Darum beschaeftige ich mich jetzt mit Geometrie, englischer Grammatik und frage sein Wissen ueber die Geschichte Ostafrikas ab. Mit David uebe ich Deutsch, denn als Klassenbester hat er die Chance, ein Stipendium fuer einen Deutschland-Aufenthalt zu bekommen!

Es gruesst Euch herzlich
Petra

P.S.: Am Sonntag waren Henry und ich am Viktoria-See Bootfahren und schwimmen. Ich bin der helle Punkt in der Mitte ;-)

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Die kuehle Zeit beginnt

DSCN5372Der Himmel ist wolkenverhangen. In der Ferne grollt der Donner. Aber es regnet nicht, denn wir sind in der Trockenzeit. Trocken und kuehl, denn mit einer durchschnittlichen Maximaltemperatur von nur 25 Grad Celsius ist der Juli die kuehlste Zeit hier im Raum Kampala.

Uns geht es gut. Seit heute haben wir ein "Housegirl", das uns die Hausarbeit und das Kochen abnimmt. Grace wird mir ihrem zweijaehrigen Maedchen bei uns wohnen. Auch das wird eine neue Erfahrung fuer uns alle werden.

Es gruessen Euch herzlichst Petra und Tomy

Uganda jedes Mal anders

Uganda jedes Mal anders

Nun bin ich also schon das vierte Mal in Uganda. Und wie ich vermutet hatte, ist es wieder ganz anders als alle Male bisher. Das grosse Haus, die neue Gegend, Tomys Reparaturgabe und Erfindungsreichtum, meine Erfahrung in diesem Land, unsere langjaehrige Freundschaft … das alles zusammen ergibt eine interessante und neue Mischung.

Ich verwende viel Zeit, um Tomys Wuensche umzusetzen, dazu gehoerte in den letzten beiden Tagen die Suche nach einem Bett. Hier gibt es keine Moebelhaeuser, in denen man fixfertige Betten aussucht, sondern man klappert die Tischlerwerkstaetten ab, die es an den Hauptstrassen gibt, und verhandelt mit den Tischlern um den Preis. Zwei Tage lang war ich unterwegs. Der erste diente meiner Orientierung: Welche Betten gibt es? Wie hoch und wie gross sind sie? Sind die Betten fertig? Was kosten sie? Am zweiten Tag war ich dann mit dem Boda-Boda-Fahrer Robert unterwegs, einem Bruder unserer Vermieterin. Er hat mir bei der Preisverhandlung geholfen, denn natuerlich versuchen es alle mit dem Muzungu-Aufschlag.

Dieser Bettenkauf war wieder eine interessante Erfahrung. Zunaechst war ich ueberrascht, dass beide Betten, die ich bei verschiedenen Tischlern ins Auge gefasst hatte, am naechsten Tag schon verkauft waren. Bei dem grossen Angebot an Tischlereien hatte ich nicht damit gerechnet. Die zweite Ueberraschung war dann, als der Tischler, mit dem wie uns auf einen passablen Preis fuer ein recht huebsches Bett einigen konnten, dessen Lattenrost aber noch fehlte, anbot, mit uns heimzufahren, um vor Ort den Lattenrost auf Tomys Wunschhoehe zu montieren!

Dann ging es also los! Robert und der Tischler haben einen anderen Boda-Boda-Fahrer als Transporteur des Bettes angeheuert, das Bett zerlegt, auf das Motorrad geschnallt, noch ein paar Leisten fuer den Lattenrost dazu und zu viert sind wir dann heim. Direkt in Tomys Zimmer hat Saad, der Tischler, dann den Lattenrost angepasst und festgenagelt. Das war natuerlich eine willkommene Show fuer Tomy – eine ugandische Handwerkerstudie frei Haus! Tomy ist aus dem Schwaermen fuer Saads handwerkliches Geschick nicht herausgekommen. Waehrend Saad und Robert montiert haben, hat Tomy mit seiner Minischleifmaschine den Fuchsschwanz geschaerft. Das hat Saad dann wiederum in bewunderndes Staunen versetzt!

Wir haben dann natuerlich Telefonnummern ausgetauscht, denn einen guten Tischler kann Tomy hier immer brauchen – die restlichen Moebel wollen wir ja selbst entwerfen.

Nun ist Tomy endlich gut versorgt! Er hat sein eigenes Klo und Bad, das er ohne Angst vor Stuerzen verwenden kann, und er hat sein Bett, das hoch genug ist, um alleine hinein- und herauszugelangen. Die bisherige Loesung mit drei Uganda-Matratzen uebereinander war ja wirklich nicht mehr laenger zumutbar: zu niedrig und die Matratzen von so schlechter Qualitaet, dass gleich nach einmal darin schlafen riesige Mulden entstanden sind. Von guter Auslueftung ganz zu schweigen.

Jetzt kann ich mich langsam meinen Dingen widmen und dazu gehoert auch das Schreiben dieses blogs. Ich hoffe, ich kann Euch mit meinen Schilderungen ein Stueck Uganda naeherbringen.

Stay tuned! Much love! Sincerely Petra

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Im neuen Haus

Im neuen Haus

So, endlich haben wir es geschafft! Wir haben ein neues Haus gefunden und vogestern bezogen!

Das Haus steht auf einem riesigen Grundstueck in Mengo. Somit sind wir noch naeher am Stadtzentrum als bisher. Eigentlich ist es ein Reihenhaus, bei dem aber die beiden anderen Haeuser noch leerstehen. Das Haus ist riesig! Wir haben ein mondaenes Wohnzimmer mit angrenzendem Esszimmer, vier Schlafzimmer, drei Badezimmer und eine geraeumige Kueche! Das Schlafzimmer im Erdgeschoss samt Klo und Bad hat Tomy bezogen, die Raeume im ersten Stock gehoeren David, Henry und mir. Somit ist alles gut eingeteilt.

Beim Fruehstueckstisch haben wir Sonnenaufgang – den Sundowner geniessen wir auf unserer Terrasse vor dem Haus. Der Ausblick ist fantastisch! Durch die Hanglage sehen wir ueber das Tal und auf die angrenzenden Huegel.

Das Haus ist so gross, dass jeder, der kommen mag, einen Platz findet!

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Viribus unitis

DSCN5053Wahnsinn! Die erste Ausfahrt! Es hat so lange gedauert, bis Tomy seit unserer Ankunft hier in Uganda das erste Mal "vor die Haustuere" gekommen ist, weil er das Rad noch fertigbauen musste und weil die Zufahrt zu unserem Haus so steil ist, dass Tomy und ich die Strecke nicht allein haetten bewaeltigen koennen. Gestern, am Sonntag, war es endlich so weit! Mit vereinten Kraeften haben Tomy, David und Henry es geschafft, Tomy den Huegel hinaufzuschieben.DSCN5057

Und dann war Tomy natuerlich gleich in seinem Element: Vollgas! Aber Achtung! Immer auf der richtigen Strassenseite bleiben!

Wir haben ein neues Haus besichtigt, das dann doch nicht unseren Vorstellungen entsprochen hat. Die Agenten hatten dann noch ein anderes Haus in petto und somit haben wir uns dorthin auf den Weg gemacht. Dabei sind wir bei der Rubaga Cathedral vorbeigekommen. Das ist die Hauptkirche der Katholiken in Uganda und Sitz des Erzbischofs. Da heute, am 3. Juni, der ugandischen Maertyrer gedacht wird, war dort gestern schon viel los. Sogar Pilger aus Kenya waren mit dem Bus angereist.DSCN5075

Im Vorbeigehen haben wir dann noch mit Besitzern eines Isuzu 4WD Pick-up mit Campingaufbau, die am Auto das Schild "to be sold" hatten und auch auf dem Weg zum Gottesdienst in der Kathedrale waren, ueber den Preis verhandelt! Das ist Tomy, wie wir ihn alle kennen, nicht wahr?

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Nach einem gemuetlichen Mittagessen mit Blick auf Kampala (das zweite Haus hat auch nicht entsprochen) und einer Runde Billard mit Henry (er hat gewonnen) haben wir uns auf den Heimweg gemacht. Die Abfahrt zu unserem Haus war wieder eine Herausforderung fuer die drei – das war mehr ein Rutschen mit angezogener Bremse -, aber es ist alles gut gegangen. Daheim dann fuer jeden eine erfrischende Dusche – ein Hit nach diesem sonnigen und heissen Tag!

Heute ist eigentlich der erste Tag, den wir hier zu viert daheim so richtig geniessen. Ich habe mir "freigenommen" und die Kueche den Burschen ueberlassen. Diese bereiten gerade das Fruehstueck zu. Heute gibt es Porredge und Eierspeisse, dazu Toastbrot (ungetoastet) mit Butter.

DSCN5090David reinigt die Kueche, Henry schreibt an seinen Hausaufgaben, Tomy hat wieder irgendetwas zum Reparieren zwischen den Fingern und ich schreibe an diesem blog. Feiertagsidylle.

Ja, wir haben es hier sehr heiss im Moment. In der Nacht regnet es meist. Jeden Morgen, wenn die Burschen um 6.00 Uhr aufstehen und um 6.30 Uhr zur Schule aufbrechen, geniessen Tomy und ich den Sonnenaufgang bei unserem Kaffee aus der Espressomaschine. Das ist unsere Wochentagsaufstehidylle.

Unsere naechsten Schritte sind also jetzt weiter Haus suchen. Und es uns gut gehen lassen.